Die Macht der zwei Sprachen – und wie du sie beherrschst
Warum deine Führung manchmal ins Leere läuft
Du bist in einer Führungsrolle angekommen. Deine fachliche Kompetenz hat dich dorthin gebracht, du bist engagiert, verlässlich, lösungsorientiert. Aber dann merkst du: Manche Dinge laufen nicht rund. Entscheidungen, die du für klar gehalten hast, werden nicht umgesetzt. Deine Vorschläge verpuffen. Deine Argumente verhallen.
Das liegt nicht an dir – und auch nicht an deiner fachlichen Kompetenz.
Es liegt oft daran, dass du mit Menschen zu tun hast, die eine andere Sprache der Macht sprechen.
Eine eindrückliche Geschichte aus meinem Coaching
Vor ein paar Monaten saß eine erfahrene Verwaltungsleiterin im Coaching. Seit Jahren in leitender Funktion, fachlich stark, teamorientiert, mit klaren Werten.
Mit ihrer neuen Rolle – größere Verantwortung, direkter Draht zur Hausspitze – kamen auch neue Herausforderungen. Ihre Worte:
„Ich weiß eigentlich, wie Führung geht. Aber ich komme bei manchen Kolleginnen und Kollegen einfach nicht durch. Ich sage etwas – und es passiert: nichts.“
Was hier passiert, sehe ich oft. Sie war eine Expertin in der horizontalen Kommunikation – und plötzlich umgeben von Menschen, die in der vertikalen Kommunikation agieren.
Was ist horizontale, was ist vertikale Kommunikation?
Dr. Peter Modler unterscheidet zwei grundlegend verschiedene Arten der nonverbalen Kommunikation – also der Art, wie wir uns in Macht- und Statussituationen verhalten:
Horizontale Kommunikation:
Zielt auf Gleichrangigkeit und Beziehung
Kommuniziert auf Augenhöhe
Bezieht andere ein, fragt nach Meinungen, formuliert Vorschläge
Verwendet oft einladende oder vorsichtige Sprache („Wie sehen Sie das?“, „Ich hätte einen Vorschlag …“)
Ist besonders bei vielen Frauen stark ausgeprägt – durch Sozialisierung und Rollenerwartungen
Vertikale Kommunikation:
Zielt auf Status und Durchsetzung
Stellt Ansprüche oder Anweisungen, setzt Grenzen
Verwendet kurze, direkte Aussagen („Ich will, dass …“, „Das machen wir so“)
Beansprucht Raum – verbal, nonverbal, körperlich
Wird in hierarchischen Systemen oft als „natürliche“ Führungssprache angesehen – obwohl das nicht objektiv so ist
Wichtig:
Beide Kommunikationsmuster haben ihre Berechtigung. Sie sind einfach unterschiedliche Sprachen – beide mit Vorteilen und Nachteilen. Die Herausforderung liegt darin, zu erkennen, wann welche Sprache nötig ist – und sie bewusst einsetzen zu können.
Viele Frauen sprechen fließend horizontal – aber nicht vertikal
Was Frauen stark macht, kann ihnen in bestimmten Machtkontexten zum Verhängnis werden.
Einbeziehen wird als Unsicherheit missverstanden. Vorsichtige Sprache als Unentschlossenheit. Beziehungsorientierung als Schwäche.
Nicht, weil du weniger kannst – sondern weil du in einem anderen System sendest, als dein Gegenüber empfängt.
Das ist kein persönliches Defizit. Es ist ein Übersetzungsproblem.
Führung heißt: Mehrsprachigkeit entwickeln
Du musst dich nicht verbiegen. Du musst auch nicht plötzlich rumschreien oder mit dem Fuß aufstampfen.
Aber du solltest lernen, die vertikale Sprache der Macht bewusst sprechen zu können – gerade wenn du mit Menschen arbeitest, die nur auf diese reagieren.
Hier ein paar konkrete Impulse:
>>> Horizontal: „Ich hätte eine Idee, wie wir das vielleicht angehen könnten …“
Vertikale Alternative:
„Ich schlage vor, wir gehen das wie folgt an – und starten damit heute.“
>>> Horizontal: „Wie seht ihr das? Ich bin gespannt auf eure Rückmeldungen.“
Vertikale Alternative:
„Ich habe eine Entscheidung vorbereitet, die ich euch gleich vorstelle. Danach können wir Rückfragen klären.“
>>> Horizontal: „Ich möchte euch kurz mitnehmen in die Thematik …“
Vertikale Alternative:
„Ich beginne mit einer klaren Einschätzung der Lage und dann legen wir die nächsten Schritte fest.“
>>> Horizontale Reaktion bei Unterbrechung: nicht reagieren oder mit einem Lächeln nachgeben
Vertikale Alternative:
kurze Pause, direkter Blickkontakt
„Ich war noch nicht fertig. Lassen Sie mich bitte ausreden.“
Deine Führungsstrategie: Übersetzen, gestalten, entscheiden
Nutze deine horizontale Stärke gezielt und bewusst – dort, wo sie gebraucht und verstanden wird.
Setze vertikale Kommunikation strategisch ein, wenn du Einfluss brauchst, Klarheit schaffen oder dich behaupten musst.
Und lerne, zwischen den Sprachen zu übersetzen – in alle Richtungen.
Organisationen müssen mehrsprachig werden
Nicht nur du musst dich anpassen – auch Organisationen sind gefragt. Noch immer wird vertikale Kommunikation als „professioneller“ oder „natürlicher“ angesehen. Dabei ist das nur eine Perspektive.
Es braucht:
Bewusstsein über die Unterschiede
Training für Führungskräfte in beiden Sprachen
Wertschätzung horizontaler Kommunikationsstile – als genauso professionell und wirksam
Fazit: Du bist nicht zu weich. Nur eventuell noch nicht mehrsprachig.
Du musst nicht lauter werden – sondern bewusster. Du darfst führen, wie du bist – aber mit einem erweiterten Repertoire.
Denn die erfolgreichsten Führungspersönlichkeiten können beides: sie schaffen Verbindung und treffen klare Entscheidungen. Sie holen Menschen ab und setzen Grenzen.
Sie sprechen beide Sprachen der Macht – und wissen, wann welche angebracht ist.
Lust, deine Führungswirkung strategisch zu stärken?
In meinem Coaching entwickeln wir gemeinsam deinen individuellen Kommunikationsstil – inklusive vertikaler Wirkung, ohne dich zu verbiegen. Oder du buchst ein Training für dein Team oder deine Organisation.
Schreib mir für ein unverbindliches Erstgespräch. Ich freue mich auf den Austausch mit dir!